Zu Handke

Handke ist ganz ein Autor der Moderne, bei welchem vieles komplizierter und widersprüchlicher ist, als in diesem Essay dargelegt. Es gibt immer wieder Stellen, wo er diese Ambivalenz eindrucksvoll zum Tragen bringt, gerade in seinem Roman "Die Stunde der wahren Empfindung", worin Wahrheit von vorneherein als Konstrukt erfahrbar wird. Die Wende folgt eher mit Büchern wie "Die Lehre der Sainte-Victoire", in welchen seine Sprache zunehmend verklausuliert und letztlich religiös wird. Er zitiert Grillparzer: "Ich zitterte vor Begierde nach dem Zusammenhange", er schreitet die Straßen Berlins ab, um in deren unterirdischen Tektonik ihre innere Wahrheit zu ertasten, eine Stelle, an welcher er sich durchaus der Konstruktion bewußt bleibt. Aber er bejaht zugleich den Glauben an eine evolutionäre Substanz, den ich nicht teilen kann. Müssen wir uns das Pflaster der Moderne wegdenken, um 'saubere Welterfahrungen' zu bekommen?

Vgl. "Die Lehre der Sainte-Victoire", Fkft./M. 1982, S.78 (Grillparzer-Zitat), S. 74ff.(Berlin-Spaziergang)

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