IV. Schluß
Grundwörter, Grundformen: mein 'wahres Selbst' wäre jener Grundform synonym, in der ich mich zu 'erkennen' gebe, nur ist diese Grundform keine Grund-Form, Ursprungs-Form, sondern selbst bloß Synthese aus zahllosen Verstrüppungen von Wörtern und Attitüden meiner Zeit: es ist die schlichte, auf einen Nenner gebrachte Form – und da ihre Schlichtheit Artefakt ist, muß sie neu definiert werden: nicht hölderlinsche Erhabenheit ist schlicht, sondern das von Phrasen durchzogene Gestottere einer nervösen Fernsehansagerin, die zum ersten Mal moderiert; schlicht sind Wörter wie „Einkommenssteuersatz“, „Zahnersatzforderung“, „Beschwerdestelle“– oder, tatsächlich, Grundwörter wie „Plattenspieler“, „Rechner“, „Kassette“, die man nicht als Erbe uralter, evolutionärer Verschiebungen, sondern als Nacktheiten begreift: als das Fragile, Sperrige, Karge, das gerade noch als Bindewort den Satz füllt, um die Rede nicht unbeholfen aussetzen zu lassen.
Die dritte Natur, die nur in Bewegung gehalten wird, um das Naturlose unter ihr zu überbrücken – das hastige Imitieren von Tiefe, Identität, Gehalt – das alles ist Natur, und alles Elementare gleicht allenfalls einer ausgefüllten Kreisfläche, mit welcher man ein schwarzes Loch malt.
Man kann dieses 'Loch' als Existenzform beschreiben: so verstehe ich Sprache.